Was ist Einsamkeit? 

Einsamkeit hat nichts mit alleine sein zu tun, sondern spiegelt einen Mangel an sinnvollen Beziehungen zu anderen wider. Einsamkeit ist das Gegenteil von sich verbunden fühlen.

Eine Menge an Kontakten und Interaktionen mit Menschen schützt nicht zwangsläufig vor Einsamkeit. Genauso wie Alleinsein nicht unbedingt gleichbedeutend mit Einsamkeitsgefühlen einhergehen muss. Als introvertierter Mensch lade ich zum Beispiel meine Batterien durch Alleinsein immer wieder auf.

Du kannst  einen großen Freundeskreis haben oder eine beeindruckende Anzahl von Followern in den sozialen Medien und dich trotzdem einsam fühlen. Selbst wenn du in einer Beziehung oder in einer Ehe bist, kannst du dich trotzdem einsam fühlen. 

Es kann sogar sein, dass du sehr kontaktfreudig und gesellig bist und dich trotzdem einsam fühlst. 

Dauernde traumatische Situationen in der Kindheit, wie Vernachlässigung oder das Aufwachsen mit emotional nicht verfügbaren Eltern, kann unserer Fähigkeit uns mit anderen Menschen zu verbinden hochgradig beeinträchtigen.

Du hast vielleicht schon bemerkt, dass es dir schwer fällt einen unbeschwerten Kontakt mit anderen Menschen zu pflegen. Das hast du womöglich immer als persönliches Versagen angesehen und nicht als das was es ist, eine Folge deiner Erlebnisse in deiner Kindheit.

Wie Kindheitstraumata zu Einsamkeitsgefühlen beitragen.

Wie kommt es zu diesem Gefühl von Einsamkeit?

Hier liegt die Ursache, wie bei vielem in der Kindheit. Sind Eltern oder wichtige Bezugspersonen nicht anwesend oder aber auch emotional nicht anwesend, finden ständig Entwertungen der eigenen Person statt, dann entsteht sehr schnell das Gefühl von nicht gesehen werden und Wertlosigkeit. Werden der eigene Schmerz, die Sorgen und Nöte nicht erst genommen aber deine wunderbare Einzigartigkeit und deine Erfolge nicht wertgeschätzt, dann führt das zu dem Gefühl von Verlassensein und Einsamkeit. Es entwickeln sich immer mehr Glaubenssätze, die noch tiefer in die Einsamkeit führen.

Traumata in der Kindheit stehen in engem Zusammenhang mit Depressionen und Ängsten im Erwachsenenalter und beeinträchtigen die Fähigkeit effektiv soziale Kontakte zu knüpfen und sinnvolle langfristige Beziehungen aufzubauen.

Zu den Arten von Kindheitstraumata, die Menschen dem höchsten Risiko aussetzen, im Erwachsenenalter unter erheblicher Einsamkeit zu leiden, gehören:

  • Frühkindliche Bindungsprobleme zwischen einem Kind und seinen Eltern oder  wichtigen Bezugspersonen

 

  • Mangel an bedingungsloser Liebe, einschließlich ständiger Kritik

 

  • Vernachlässigung oder Missbrauch – körperlich, sexuell oder emotional

 

  • Verlust eines Elternteils oder der Hauptbezugsperson, sei es durch Sucht, Inhaftierung, Verlassen oder Tod.

Diese traumatischen Erfahrungen führen häufig zu einer emotionalen Dysregulation, die zu unbeständigen, instabilen Beziehungen beiträgt. 

Fällt es dir schwer, gesunde emotionale Beziehungen aufzubauen, dann besteht die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass du verstärkt unter Gefühlen der Einsamkeit leidest. Oder du neigst zu Identitätsproblemen, was es dir erschwert herauszufinden welchen Platz du in einer Gruppe oder einer Gemeinschaft hast.

Erwachsene, die ein Kindheitstrauma erlitten haben, haben oft Probleme mit dem Selbstwert. Ihre intensiven Schamgefühle können zur Isolation beitragen.

Sie betrachten sich selbst als nicht liebenswert, unsympathisch und unwürdig für Zuneigung und erwarten Ablehnung. Dieses teilweise auch unbewusste Glaubenssystem kann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.

Bist du als Kind nicht gesehen worden, permanent kritisiert oder misshandelt worden, entwickelst du kein gutes Gespür dafür, wenn jemand deine Grenzen übertritt. Du bemerkst die schlechte Behandlung eines Menschen dir gegenüber nicht, da es für dich der vertraute Zustand ist auf diese Weise behandelt zu werden. Während andere sich voller Empörung von einem Menschen distanzieren, der sie schlecht oder abwertend behandelt, empfindest du keine Wut oder Empörung. Ein leichtes komisches Gefühl magst du verspüren, doch oft übergehst du das und erkennst die ersten roten Fahnen nicht.

Viele meiner Klienten erinnern sich im Nachhinein noch sehr gut an das Gefühl, das sie hatten, am Anfang, als sie einen Menschen neu kennenlernten, an das Gefühl dass da irgendetwas nicht stimmt und es aber dann als nicht so bedeutend wegwischten.

Abgesehen von dem vertrauten Zustand, nicht gut behandelt oder abwertend behandelt zu werden, waren deine Eltern nicht in der Lage oder nicht verfügbar, dir soziale Fähigkeiten zu vermitteln. Sie waren oder sind mit in ihrer eigenen traumatischen Lebensgeschichte gefangen.

Was für andere Menschen einfach ist, wie sich in einer Gruppe wohl zu fühlen, für kurze Zeit, auch als Introvertierter, sich „zugehörig“ zu fühlen oder sich von einem Konflikt mit einem Arbeitskollegen zu erholen, kann für einen Menschen mit einem Kindheitstraumata sehr belastend sein. 

Der Verlust der Verbindung ist der tragischste Teil von Traumata in der Kindheit.

Zur Liebe fähig zu sein, aber Schwierigkeiten zu haben, eine normale Liebesbeziehung aufrechtzuerhalten, ist ein verheerender Preis für das, was passiert ist. 

Verbindung ist lebenswichtig. Gewisse Gefühle von Einsamkeit und Unverbundenheit sind universelle Erfahrungen für jeden, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Aber für Menschen mit KPTBS (Komplexer Posttraumatischer Belastung Störung) kann es manchmal sehr viel Gutes im Leben verhindern und Dauerstress für das Nervensystem bedeuten, da wir als Menschen den Urinstinkt in uns spüren, ohne Gemeinschaft, ohne Verbindung nicht überlebensfähig zu sein. 

Dysregulation des mentalen Zustands ist eine Tendenz, die bei traumatisierten Menschen (und bei jedem Menschen bis zu einem gewissen Grad) häufig vorkommt wenn sie unter Stress stehen. 

Du fühlst dich dann panisch, überreaktiv, verwirrt oder gefühllos. 

Menschen mit Traumata neigen sehr häufig dazu jedes mal wenn etwas in ihnen Ängstlichkeit oder Beunruhigung auslöst in einen dysregulierten Zustand zu geraten. Dann fällt es schwer mit anderen Menschen in Verbindung zu gehen, non verbale Signale zu deuten und es fällt schwer, Emotionen angemessen auszudrücken, ohne andere Menschen von sich wegzustoßen.

Es ist dann auch sehr schwer mit Verletzungen umzugehen, diese bekommen dann einen überdimensional bedrohlichen Stellenwert.

Posttraumatischer Stress durch andauernden Stress in der Kindheit

Das alles sind Symptome einer komplexen PTBS aus einem Kindheitstrauma. Das ist die Art von posttraumatischem Stress, die durch chronischen, andauernden Stress entsteht. Es kann in jeder Lebensphase ausgelöst werden, aber KPTBS entwickelt sich am häufigsten bei Kindern, die missbraucht wurden oder vernachlässigt wurden und zwar über einen längeren Zeitraum.

Vielleicht fühlst du dich unter Menschen ängstlich. Möglicherweise haben vergangene Verletzungen es dir schwer gemacht zu vertrauen oder die Scham und die Entwertung, die du aus deiner Kindheit mit dir herum trägst, machen es dir unmöglich, anderen Menschen gegenüber einfach du selbst zu sein, und du hast ständig Angst, dass du etwas Falsches sagen könntest oder dass man dich nicht mag oder dass du einfach nicht dazu gehörst. 

Du denkst, alle anderen gehören dazu, nur du nicht. Ich kenne dieses Gefühl. Ich habe so viel Zeit meines Lebens damit verbracht, mich so zu fühlen.

Um mit diesen Gefühlen umgehen zu können entwickelst du vielleicht Kompensationsmechanismen, die dir schaden und dich noch mehr von dir selbst entfernen. Alkohol, Zigaretten aber auch Ess-Störungen verursachen durch ihre die Körperchemie verändernden Substanzen, noch mehr Ängste und Selbstablehnung auch wenn sie kurzfristig ein angenehmes Gefühl verursachen.

Leider ist es so, dass die Welt in der wir leben durch ihre Trauma fördernden Strukturen und den scheinheiligen Kräften die dahinter stehen, die Menschheit in diesem traumatisierten Zustand halten, um ihre eigennützigen Interessen leichter durchsetzen und den Absatzmarkt für ihre Suchtstoffe nebenbei auch noch anzukurbeln. Aber es gibt eine gute Nachricht. Glücklicherweise ist es möglich deine Bindungsfähigkeit zu verbessern, auch später im Leben. Wir brauchen dein Licht in dieser Zeit mehr denn je.

Was kannst du nun tun, um mit Einsamkeit umzugehen?

Ein Trauma zu erleiden, bedeutet nicht, dass du dazu verdammt bist, mit Einsamkeit zu leben. Die folgenden Strategien können dir helfen mit Gefühlen der Einsamkeit besser umzugehen:

  • Mach dir diese Gefühle bewusst und erkenne sie an. Verleugnung und Scham machen das Problem nur noch größer.
  • Werde dir bewusst, dass du nicht alleine bist, wenn du dich einsam fühlst. Einsamkeit ist weit verbreitet, besonders in dieser Zeit, es betrifft viel mehr Menschen als du meinst. Manchmal kann es helfen, das zu wissen.
  • Gehe  jeden Tag nach draußen. Versuche jeden Tag irgendeine Art von Begegnung von Angesicht zu Angesicht mit jemandem zu haben, selbst wenn es ein Fremder ist. Forschungen haben gezeigt, dass selbst schwache Bindungen deine Immunität und das allgemeine Wohlbefinden stärken.
  • Denke darüber nach welche Verbindungen zu anderen Menschen bereits hast. Wer sind die Menschen in deinem Leben, denen du wichtig bist oder die dir wichtig sind. Es kann leicht passieren, dass du vergisst, wie weit dein Kreis eigentlich reicht, besonders wenn du dich gerade in einer emotionalen Krise befindest.
  • Du kannst dich einem Treffen oder einer Gruppe anschließen, wo du tatsächlich mit anderen Menschen interagieren kannst. Über meetup.com kannst du Menschen und Gruppen in deiner Nähe finden, die die gleichen Interessen haben wie du.
  • Schränke deinen Konsum von sozialen Medien ein. Lass diesen nicht deine menschliche Interaktion ersetzen. Telefoniere wieder öfters oder noch besser verabrede dich mit einem Freund oder Freundin. Gibt es jemand zu dem du gerne wieder Kontakt aufnehmen möchtest?
  • Nutze die Zeit des Alleinseins, um dich mit deinem Inneren zu verbinden, was auch immer das für dich bedeutet. Du kannst Tagebuch schreiben, vielleicht sogar eine Geschichte oder ein Kinderbuch über das Alleinsein oder ein anderes Thema. Gehe in die Natur. Nirgendwo empfinde ich ein so perfektes Gefühl von Verbundenheit, wie in der Natur.
  • Mache es dir gemütlich, Kissen Decken, Kuschelsocken, eine Wohlfühljacke. Hast du schon einmal von Hygge gehört? Hier findest du eine eine Menge von Anregungen, wie du es dir so richtig gemütlich machen kannst.
  • Lerne etwas Neues, du kannst z.B. einen Kurs bei Udemy oder skillshare.de machen.Dort gibt es Kurse zu sehr erschwinglichen Preisen. (Ich bekomme keine Provision für diese Empfehlung). Oder du entwickelst selbst einen Kurs mit deinem Wissen und bietest diesen auf einer der Plattformen an. Einen Selbstliebe Kurs von mir findest du hier.
  • Meditiere. Auch wenn es dir schwer fällt, ein paar Minuten sind am Anfang schon ausreichend. Am Anfang spürst du vielleicht erst einmal ein heilloses Chaos und tausend Gedanken in dir. Wenn du das alles einfach an dir vorüber ziehen lässt, dann wird sich das Chaos in dir beruhigen, wie der Kaffeesatz in einer Tasse sich wieder setzt, wenn sie eine Weile in Ruhe auf dem Tisch steht. Und… dein geistiges Team ist immer bei dir. 
  • Nimm mit deinem inneren Kind Kontakt auf. Es ist dein inneres Kind das einsam ist. Visualisiere dich als kleines Kind und frage es was es braucht. Tröste es und sage ihm, dass es sicher ist. Wenn du dir Unterstützung wünschst, im Kontakt mit deinem inneren Kind, dein geistiges Team oder deine Sternenfamilie kennen lernen möchtest, dann nimm gerne mit mir Kontakt auf.

Ich hoffe mit diesem Blogbeitrag konnte ich dich ein wenig unterstützen bei deinen Gefühlen von Einsamkeit und Scham, ebenso wie die Einsamkeit deines inneren Kindes, das sich nach einem liebevollen und emotional verbundenen Erwachsenen sehnt, besser zu verstehen. Auch hilft es dir hoffentlich, dass du erkannt hast, dass du damit nicht alleine bist und dass schon gar nicht irgendetwas mit dir nicht stimmt. Es sind Glaubenssätze und Programmierungen aus deiner Kindheit.

Wenn du mehr tun möchtest, um deine Gefühle von Einsamkeit und Leere zu beenden und mit Unterstützung mehr über deine Emotionen zu erfahren möchtest, dann sieh dir gerne meine Angebote an. Weitere Selbsthilfe-Ressourcen, wie z.B. das Quiz: “ Habe ich ein Kindheitstrauma?” findest du in meiner Ressourcen-Bibliothek.

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann schreibe das gerne in die Kommentare. Teile auch gerne deine Erfahrungen mit Einsamkeitsgefühlen und wie du damit umgehst.

Photo by Jeremy Bishop on Unsplash